23. Oktober 2023 war der Korrespondent des ZDF in Washington – Herr Elmar Theveßen – am Zentrum Innere Führung in Koblenz zu Gast. Die Veranstaltung unter Federführung des Zentrums Innere Führung wurde vom Freundeskreis Zentrum Innere Führung e.V. unterstützt.
Der Chef des Stabes Zentrum Innere Führung, Herr Oberst i.G. Thomas Berger, zurzeit mit der Leitung des Hauses beauftragt, begrüßte zunächst die zahlreichen Teilnehmenden und übergab dann das Wort an den Vortragenden.
Quelle: Bundeswehr | All Rights Reserved
Elmar Theveßen begann seinen eindrucksvollen Vortrag mit einem Bonmot, das den Saal zum Lachen brachte: „Bevor Fragen aus dem Plenum kommen – ich habe gedient, und zwar 1986/87 beim Fernmeldebataillon 110 in Coesfeld.“
Er begann – losgelöst vom Thema – mit dem Krieg in Israel und betonte, dass in den Augen der USA die HAMAS eine reine Terrororganisation ist und dementsprechend auch bekämpft werden muss. Unabhängig davon präferieren die USA ein 2-Staaten-Lösung in Palästina und haben nach dem Überfall der HAMAS Israel als dessen engster Verbündeter den Rat gegeben, „ohne Wut“ an den Kampf gegen den Terror heranzugehen. Ein Rat, den Israel offensichtlich beherzigt hat.
Gleichwohl haben die USA inzwischen die 6. Flotte im Mittelmeer verstärkt und 2 Flugzeugträger vor Ort, darunter einen der modernsten der Gerald-R.-Ford-Klasse. Das Ziel der USA ist es, Dritte vom Eingreifen in den Konflikt abzuschrecken und selbst keine direkte Konfliktpartei zu sein oder zu werden.
Nach dieser ersten Einschätzung der Lage in Israel schwenkte Elmar Theveßen nach Washington und schilderte in einem kleinen Einschub seine persönlichen Erlebnisse beim Sturm auf das Kapitol. Er selbst und sein Team blieben unverletzt; jedoch war die Ausrüstung des ZDF im Wert von 30.000 $ nur noch ein Haufen Schrott.
Zum Krieg in der Ukraine berichtete er vom Treffen Biden – Scholz aus dem Frühjahr 2022, von dem keine Einzelheiten nach außen drangen und viel Raum für Spekulationen gaben. Aber das Zögern von Olaf Scholz bei einer möglichen Lieferung von Leopard 2 – Kampfpanzern führte zu nichts anderem als Kopfschütteln in der amerikanischen Administration. Denn eigentlich hatte man Deutschland für Europa als einen „Partner in Leadership“ erwartet (siehe auch die Rede des US-Präsidenten George H.W. Bush am 31. Mai 1989 in Mainz). Die jetzige Lieferung von Raketen vom Typ ATACMS durch die USA und der erste erfolgreiche Einsatz sollten seiner Meinung nach auch als ein Signal an Putin verstanden werden.
Seine Informationen aus dem Bereich der amerikanischen Geheimdienste über Russland und die Person von Putin führten zum Staunen bei den Zuhörern. So wird etwa Wladimir Putin von der CIA u.a. als „Narzisst mit großen Minderwertigkeits-komplexen charakterisiert, der seine Schwächen mit Machoauftritten kompensiert.“
Theveßen prangerte in seinen Ausführungen das Positionspapier der Chinesen zu einem Frieden in der Ukraine als reine Propaganda an und verglich die Aussagen darin mit der Charta der Vereinten Nationen, so dass es jedem im Saal wie Schuppen von den Augen fallen musste, wie perfide diese pseudolegale Argumentation war.
In einem Rückblick auf die Rede Joe Bidens in Warschau letztes Jahr, in der dieser den Wert einer stabilen, streitbaren Demokratie hervorhob und auch die Rolle der USA definierte, zeigte er auf, wie die USA in Person von Joe Biden die Zukunft von Demokratien sehen.
Dann nahm Theveßen Taiwan und China in den Blick. Auch hier sind Bidens Entscheidungen gegenüber Autokratien glasklar, wie auch zuletzt Außenminister Blinken gegenüber dem Iran: „Don´t“!!!
Theveßen berichtete über Simulationen der US – Marine bei Auseinandersetzungen mit China im Raum Taiwan, die bis 2021 zum Ergebnis führten, dass die US – Marine verlieren würde. In der Konsequenz erfolgte bei der Pazifischen Flotte eine massive Aufrüstung seitens der Amerikaner. Denn ganz nebenbei nimmt China etwa völkerrechtswidrig Atolle etwa von den Philippinen in Besitz und baut sie zu stationären Flugzeugträgern um.
Daneben wird in großem Stil Spionage betrieben, auch mit dem durch Presse, Funk und Fernsehen bekannten sogenannten Wetterballon. Dieser Ballon war ein solcher Spionageballon, der durch widrige Windverhältnisse von Taiwan über den Pazifik bis über das amerikanische Festland getrieben wurde, wo er schließlich abgeschossen und von der amerikanischen Küstenwache geborgen wurde.
Ein Geheimpapier des chinesischen Militärs zeigt, dass China in allen Bereichen der übrigen Welt eine „Kontrolle des Denkens“ erreichen will, und zwar durch totale Einflussnahme auf die Medien, das Internet, Fake News, KI etc., also mit allen Maßnahmen der Zersetzung.
Selbst das kleine Litauen, das eine politische Vertretung Taiwans in seinem Land zuließ, hatte danach unter starken Sanktionen Chinas zu leiden. Auch deutsche Firmen, die mit Litauen Handel trieben, bekamen Schreiben der Volksrepublik China, in denen ihnen Konsequenzen für den Fall weiterer Handelsbeziehungen mit Litauen angedroht wurden.
Doch allen politischen Machtspielen zum Trotz ist der gegenseitige Handel zwischen China und den USA in diesem Jahr so stark wie nie. Man fährt die Linie „De-Risking und nicht De-Coupling“.
In der Außenpolitik der Regierung Biden ist im Gegensatz zu Trump ein neuer Stil erkennbar. Die Länder der anderen Kontinente werden nicht mehr von oben herab als Befehlsempfänger oder Kolonien behandelt, sondern als Partner in einer globalen Welt. Die USA haben in diesem Jahr sowohl bei der Konferenz im Indopazifischen Raum wie auch zuletzt beim Gipfel mit der Mehrzahl der afrikanischen Staaten gute Fortschritte gemacht. Denn die Welt befindet sich nach Meinung der Regierung Biden an einem „Scheideweg“.
Innenpolitisch macht die Biden-Administration vieles richtig. Man hat in den 4 Jahren Trump nicht geschlafen, sondern sich intensiv mit den Fehlern unter Obama befasst und versucht nun, es besser zu machen. Es gibt so etwas wie einen Masterplan und eine Strategie zur Umsetzung. Hier punktet neuerdings die Vizepräsidentin Kamala Harris.
Eine offene Flanke der Regierung Biden bleibt die Migration im Süden von Mexiko her. Ein anderes Problem ist die zunehmende Gewaltbereitschaft der Amerikaner, von den inzwischen 8% – also rund 21 Millionen sagen, dass man notfalls den politischen Gegner auch liquidieren können sollte. Viele Amerikaner – auch bei den Demokraten – halten Biden für zu alt, aber die potenziellen Nachfolger haben noch nicht, wie Theveßen sagte, die „Auctoritas“, über die Joe Biden verfügt.
Aber dennoch legte sich Elmar Theveßen weit aus dem Fenster als, er in der Diskussion einen Wahlsieg Joe Bidens vorhersagte, wenn die Krisenherde der Welt ohne ein direktes Eingreifen der Streitkräfte der USA gelöst werden können.
Quelle: Bundeswehr | All Rights Reserved
Eine Vision, einen Masterplan – wie oben angesprochen – wünschte sich Elmar Theveßen auch für Deutschland und den Mut einer Regierung, einen solchen Masterplan auch in die Tat umzusetzen.
Es war ein Abend mit einem Referenten, der pointiert, tiefschürfend und mit großem Fachwissen Zusammenhänge aufzeigte, Hintergründe beleuchtete und mit seiner sprachlichen Kompetenz und Lockerheit alle Gäste mitnehmen konnte – ein Gewinn für alle Zuhörerinnen und Zuhörer und für alle, die mitdiskutierten!
Zur Person:
Elmar Theveßen (geb. 1967 in Viersen) studierte nach dem Abitur von 1987 bis 1993 Geschichte, Germanistik und Politikwissenschaft an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn mit dem Abschluss Magister Artium. Daneben studierte er das Fach „Foreign Policy“ und „Journalism“ an der American University in Washington, D.C.
Von 1991 bis 1995 war Theveßen Politikredakteur im ZDF-Studio Bonn und bis 2001 dann Auslandskorrespondent im ZDF-Studio in Washington, D.C. Danach war er 2001 und 2002 als Reporter für das Magazin Frontal21 tätig. Ab 2003 war er Chef vom Dienst der ZDF-Hauptredaktion „Aktuelles“. Von Juni 2007 bis Februar 2019 war er Leiter der ZDF-Hauptredaktion „Aktuelles“ und stellvertretender Chefredakteur des ZDF. Seit 1. März 2019 ist Theveßen Leiter des ZDF-Studios in Washington, D.C.!
Er ist Träger verschiedener Auszeichnungen, darunter der „Medienpreis des Deutschen Bundestages, der Deutsche Fernsehpreis und der Hanns-Joachim-Friedrich-Preis“.
Ein Bericht von Oberstleutnant a.D. August Bauer